Title | Dialekte machen Konstruktion und Gebrauch arealer Varianten im Kontext sprachraumbezogener Alltagsdiskurse |
Author | Alexandra SCHIESSER |
Director of thesis | Prof. Dr. Helen Christen |
Co-director of thesis | |
Summary of thesis | Linguistische Untersuchungen über den Zusammenhang von Sprache und Raum hatten in der Vergangenheit nicht selten einen simplen Raumbegriff zur Grundlage. Es wurde angenommen, dass Sprachen in der Weise mit geographischen Räumen verbunden sind, als sie an geographischen Räumen haften und diese Räume gewissermassen repräsentieren (vgl. Auer 2013: 4f.). Diese sogenannte container-Raumvorstellung, die den Raum als "Schachtel oder Behälter, [fasst, der] Dinge, Lebewesen und Sphären umschließt" (Löw 2001:24), gilt heute in den meisten Disziplinen als überholt, auch in der Linguistik. An ihrer Stelle wird ein relativistischer Raumbegriff angesetzt (vgl. dazu Löw 2001: 24-35), der den Sprecher nicht als mit einem Raum verhaftet, sondern als Co-Konstrukteur desselben fasst. Wird Raum so konzeptualisiert, kommt dem Sprecher eine ganz andere Rolle zu: Er rückt ins Zentrum des Interesses, da davon ausgegangen wird, dass es seine Vor- und Einstellungen sind, die (sprach)raumbildend sein können. In der Linguistik ist es die Wahrnehmungslinguistik, die diese Sichtweise favorisiert und der die geplant Dissertation verpflichtet ist. Gearbeitet wird mit Daten des SNF-Forschungsprojekts „Länderen: Die Urschweiz als Sprach(wissens)raum“ (Leitung: Prof. Dr. Helen Christen), bei dem in Ob- und Nidwalden, zwei kleinen, bevölkerungsarmen Halbkantonen in der Innerschweiz, 60 Probandinnen und Probanden im Hinblick auf ihre aktuelle Sprachproduktion wie auch im Hinblick auf ihr sprachraumbezogenes Wissen befragt wurden. Die Sprachproduktion wurde mittels strukturiertem Interview (wie auch im freien Gespräch) erhoben, das sprachraumbezogene Wissen mittels wahrnehmungsdialektologischer Methoden (Map-Tasks, Hörproben, Same- Different-Tests). Zentrales Anliegen der Arbeit ist es, die objektsprachlichen und die sprachkonzeptionellen Daten aufeinander zu beziehen. Einerseits sollen die Ergebnisse der Draw-a-Map- und Pile- Sorting-Tasks analysiert werden: Diese zeigen, welche Raumkonzepte bei den Gewährspersonen interindividuell repräsentiert sind. Auf dieser Basis kann der Frage nachgegangen werden, ob diese Räume mit weiteren (historisch, politisch, geographisch oder konfessionell bedeutsamen) Räumen zusammenfallen. Zudem lässt sich fragen, mit welchen sprachlichen Attributen diese Räume in Verbindung gebracht werden und ob sich die Attribuierungen klassifizieren lassen (z. B. hinsichtlich von second- resp. third-order indexicality, vgl. Johnstone 2006: 82f.). Andererseits soll diskutiert werden, inwiefern das sprachraumbezogene Wissen der Gewährspersonen und der Befund ihres aktuellen Sprachgebrauchs aufeinander bezogen werden können: Werden die von den ProbandInnen genannten dialektalen Grössen in den entsprechenden Räumen realisiert? Inwiefern sind diese Grössen in Dialektbewahrung oder Dialektwandel involviert?
Literatur: - Auer, Peter (2013): The Geography of Language: Steps towards a New Approach. In: FRAGL 16 (= Freiburger Arbeitspapiere zur Germanistischen Linguistik) portal.uni-freiburg.de/sdd/fragl/2013. - Hotzenköcherle, Rudolf (1984): Die Sprachlandschaften der deutschen Schweiz. Aarau. - Johnstone, B. et al. (2006): Mobility, indexicality, and the enregisterment of ‘Pittsburghese’. Journal of English Linguistics 34: 77-104. - Löw, Martina (2001): Raumsoziologie. Frankfurt. - SDS = Sprachatlas der deutschen Schweiz (1962-1998). Begründet von H. Baumgartner und R. Hotzenköcherle, in Zusammenarbeit mit K. Lobeck, R. Schläpfer, R. Trüb und unter Mitwirkung von P. Zinsli. Hg. von R. Hotzenköcherle. Bde I-VIII. Bern.
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Status | finished |
Administrative delay for the defence | 2018 |
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