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Title

Die Verflechtung von Minne und Rittertum im ,Willehalm von Orlens‘ Rudolfs von Ems und seinen Bearbeitungen

Author Barbara GAFNER
Director of thesis Prof. Dr. Eckart Conrad Lutz
Co-director of thesis
Summary of thesis

Rudolfs von Ems Erzählung „Willehalm von Orlens“ ist eine Konstruktion des idealen Helden und des ebenso idealen höfischen Lebens, womit Beispiele exemplarischen Verhaltens zur bezzerunge der höfischen Gesellschaft vorgeführt werden. Innerhalb der Handlung steht die ritterliche werdekeit als anstrebenswürdiges Ziel des Helden fest und wird durch eine ständige Wechselwirkung zwischen der minne und dem ritterlichen Idealverhalten hergestellt. Dabei wird weder der minne-Handlung noch der ritterschefte der Vorrang gegeben. Beide gelten als ineinander aufgehende Seiten des Handelns und Verhaltens des höfischen Helden und der Heldin. Vorgeführt wird das Ganze jedoch nicht nur auf der Ebene der Geschichte, sondern es sind auch die Zuhörenden und der Auftraggeber daran beteiligt. Denn die Geschichte wird gerahmt vom Erzähler, seinem Auftraggeber und seinem Publikum. Über sie interferieren das Buch und die höfische Gesellschaft, in dem sich die höfische Gesellschaft inszeniert und mit dem sich der Erzähler sowie das Publikum ‚bessern‘ sollen. So liegt zum Beispiel die Motivation dieses Buch niederzuschreiben im Minnedienst des Auftraggebers. Die Verflechtung der beiden Konzepte wird dadurch auch im äusseren Rahmen der Erstellung und Rezeption sichtbar, ist aber nicht klar von den Geschehnissen in der Erzählung trennbar, sondern durchdringt diese in Form von Erzählerkommentaren und Parallelisierungen von Erzähler, Publikum oder Auftraggeber mit Aspekten innerhalb der Geschichte.

 

Doch was passiert mit diesen Konzepten und den ihnen immanenten Wertvorstellungen im Laufe der Zeit? Wie entwickeln sie sich an der Schwelle des Mittelalters zur Neuzeit? Mit „Willehalm von Orlens“ haben wir einen idealen Ausgangspunkt, um nicht nur diese Motive im 13. Jahrhundert zu untersuchen, sondern auch ihre Entwicklung bis ins 16. Jahrhundert, da uns aus dem 13. und 14. Jahrhundert sechs vollständige Pergamenthandschriften und aus dem 15. und 16. Jahrhundert zwölf Papierhandschriften überliefert sind. Ausserdem wurde der Roman im 15. Jahrhundert zu einer Reimpaarerzählung, 1522 zu einer strophischen Bearbeitung und 1556 zu einer Komödie von Hans Sachs weiterbearbeitet.

 

Ziel der Arbeit ist es, die Verbindung von ritterschefte und minne als unabdingbarer Moment höfischer Idealität zu diskutieren sowie den Prozess zu analysieren, der von der idealisierten höfischen Welt des 13. Jahrhunderts bis zur Kritik Hans Sachs‘ an der Handlung der Liebenden verläuft, die sich ohne Erlaubnis der Eltern die Liebe versprechen. In einem ersten Kapitel soll das Konzept des höveschen als Behältnis, das die Motive der minne und ritterschefte umfasst, in den Werken Rudolfs untersucht und in den Kontext der zeitgenössischen Literatur gestellt werden. Der Roman soll aber nicht an seinen Vorbildern gemessen werden, so wie es Armin Schulz in seiner Schrift „Poetik des Hybriden“ kritisiert , sondern es soll betrachtet werden, welche Elemente Rudolf aus ihnen herausgezogen hat, um diese in seinem Werk neu zu kombinieren. Danach werden die Veränderungen der Illustrationen und der Schlüsselstellen des Textes in den Handschriften des „Willehalm von Orlens“ untersucht, aber auch seine Mitüberlieferung in den Handschriften und seine Neubearbeitungen als Rezeptionszeugnisse. Schliesslich werden diese Ergebnisse in den sich verändernden kulturellen Kontext gestellt, um zu zeigen, dass ein literarischer Text im Mittelalter kein fester Text ist, sondern sich vom Autor loslöst und sich mit den Interessen des Publikums verändert. Zudem kann diese Untersuchung auch als anschauliches Beispiel zeigen, wie an der Schwelle zur Neuzeit mit mittelalterlicher Literatur umgegangen wurde.

 

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